Gemälde

Katalog-Nr. 4572

Prof. Ludwig von Hofmann, Neapolitanische Strandszene

Elisabeth Förster-Nietzsche schreibt in einem Brief vom 31.01.1905 an Ludwig von Hofmann: ”Ja, Sie gehören zu den Verklärern des Lebens, man wird dem Menschen und dem Leben gut, wenn man Ihre wunderschönen Bilder sieht.”, sie bringt damit auf dem Punkt, was Hofmann auch im vorliegenden Werk gelingt, er lässt den Betrachter teilhaben an einer scheinbar alltäglichen Szene – unspektakulär und doch voll Ruhe, optimistischer Kraft, subtiler Erotik und Harmonie, mit flottem, breitem, wie pastosem Pinselstrich, sich nur auf das Wesentliche konzentrierend, Details und jede Komposition vermeidend, schildert Hofmann den spontanen Eindruck einer Momentaufnahme, die einen sommerlichen Tag an sonnengefluteter, mediterraner Felsenküste, mit badenden Knaben und Fischern beim Auslegen der Netze, vor weitem blauen Meerausblick fixiert, er verwirklicht hier einmal mehr sein Credo, das er seinem Studienfreund William Rothenstein 1891 in einem Brief schrieb, dass er ”... das verdammt Kleinliche...” in seiner Kunst zu vermeiden suche, das Gemälde steht dem Werk des von Hofmann verehrten Puvis de Chavannes nahe, der in seinem Gemälde ”Der weiße Felsen” aus den Jahren 1869–72 eine ähnlich kontemplative Alltagsszene in adäquater Farbigkeit festhielt, Hofmann, dessen Italiensehnsucht bereits von seinen Lehrern, wie seinem Onkel Heinrich Hofmann befördert wurde, fand in Italien sein persönliches Arkadien und geistiges Zuhause, in der bereits 1903 im Verlage Velhagen & Klasing erschienenen Monographie zu Hofmann von Oskar Fischel schrieb dieser ”Wie reich findet der Künstler da Italien, ... Hier scheint aller Zwang der Notwendigkeit aufzuhören; nichts von Schranken, von hemmender Not! Dumpfheit und Enge, die Begleiter der Armut, sind verschwunden, in freier Luft, ungezwungen äußert sich das Leben, keine Bewegung ist gebrochen, keine Regung abgeschwächt, alles sprudelt wie der Instinkt es treibt hervor, überraschend und fortreißend, anlockend und beglückend wie ein Wiederfinden der verlorenen Natur selbst. ... Gerade während dieser Jahre in Italien offenbart sich ihm das goldene Zeitalter in einer Reihe von Szenen, die voll Unschuld und glücklicher Verträumtheit die Phantasie in ein ersehntes Land zu führen scheinen.”, so ist es nicht verwunderlich, dass arkadische Landschaften, mit von aller Last des Alltags befreiten Menschen, meist Jünglings- und Mädchenakte, als vornehmliches Sujet im Schaffen Hofmanns immer wieder präsent sind, dabei betrat der Künstler um 1890 risikobereit künstlerisches Neuland, wie Oskar Fischel 1903 betont ”Es war ein Wagnis von Hofmann, in unserer Zeit der Ehrensäle und Schlachtenbilder, auf die Ausstellungen eine riesige Leinwand zu schicken, die nichts bedeutete, nichts sein wollte, als ein ”Idyll” ...”, das vorliegende Gemälde dürfte zwischen 1894 und 1905 möglicherweise in der Gegend um Neapel entstanden sein, in den Erinnerungen von Hofmanns Ehefrau Eleonore schreibt diese ”Die folgenden Jahre (nach 1898) verlebten wir bald in Berlin, bald in Rom, wo Hofmann schon seit 1894 festen Fuß gefasst und sich ein Atelier eingerichtet hatte. ... Unsere Neapeler Freunde, ... , wussten in der Umgebung, auf Capri und Ischia, die hübschesten Quartiere: mehrmals bewohnten wir in Marechiaro auf dem Posilipp eine alte Sarazenenburg, ... wo Ludwig manches schöne Motiv für seine Gemälde und Pastelle gefunden hat.”, so finden wir in der umfassenden Monographie ”Ludwig von Hofmann 1861–1945 Arkadische Utopien in der Moderne (2005)” unter Katalognummer 57 das um 1903–05 entstandene Gemälde ”Sorrentiner Küste”, welches von einem, für Hofmann ebenso ungewöhnlichen, erhöhten Betrachtungsstandpunkt, wie unser Gemälde, die mediterrane Steilküste thematisiert, in eben dieser Monographie ist unter Katalognummer 173 eine Mischtechnik um 1905 ”Felsenbucht mit fischenden Knaben” abgebildet, die eine dem vorliegenden Gemälde ähnliche Komposition aufweist und lediglich in ihrer Farbigkeit dunkler gehalten ist, auch das 1903 in der Monographie von Fischel abgebildete Gemälde ”Sonnenuntergang” hat große Ähnlichkeit zu unserem Gemälde und wird von Oskar Fischel wie folgt beschrieben ”... von der schimmernden Fläche einer Meeresbucht abgehoben, in deren Blau sich die ... Klippen des Ufers spiegeln, jene leuchtenden, phosphorfarbigen Felsen, die am Busen von Neapel, auf Capri, wie bei Sorrent steil aus dem blauen Wasser aufsteigen. ... Ein Sommer auf Capri hat Hofmann um die meisten dieser lichtfreudigen Bilder bereichert. Der Blick von der hohen Küste herab oder von den schmalen Sandstreifen, den Marinen, hat ihn zu allen Tageszeiten beschäftigt. Die sommerlichen Abendstunden auf der Insel sind der Inbegriff alles Wunderbaren. Das Meer umschließt sanft spülend die Ufer, Felsen, Vorgebirge und Inseln, ... Die vorspringende Küste, große Felsenblöcke rahmen dies so berückende Spiel ein.”, Öl auf Leinwand, links unten ligiert monogrammiert ”LvH” (vgl. Monogrammlexikon Goldstein), rückseitig auf der Leinwand alte Etikettreste, gering reinigungsbedürftig, wir danken Herrn Schmidt von der Städtischen Galerie Dresden für die freundlichen Hinweise zum Gemälde, Provenienz laut Vorbesitzerangabe: Nachlass der Erben des Verlages Velhagen & Klasing Leipzig, gerahmt, Falzmaß 100 x 76,5 cm. Künstlerinfo: bedeutender dt. Maler, Graphiker und Kunstgewerbler (1861 Darmstadt bis 1945 Pillnitz bei Dresden), studierte 1883–86 an der Akademie Dresden bei seinem Onkel Heinrich Hofmann (1824–1911) und Friedrich Preller dem Jüngeren (1838–1901), 1886–88 an der Akademie Karlsruhe, hier Meisterschüler von Ferdinand Keller, anschließend kurzzeitiger Studienaufenthalt in München, 1889–90 an der Académie Julian Paris und beeinflusst von Pierre Puvis de Chavannes (1824–1898), ab 1890 freischaffend in Berlin und neben Lovis Corinth, Max Liebermann, Max Klinger und Walter Leistikow Mitglied der Vereinigung der ”Elf”, unterhielt Freundschaften zu Gerhart Hauptmann und Eugen Bracht, 1894–1901 Studienreisen und -aufenthalte, unter anderem in Rom, Neapel und, beeinflusst vom Werk Hans von Marées (1837–1887), 1895 Reise nach Kleinasien (Griechenland und Türkei) mit seinem Onkel und künftigem Schwiegervater Reinhard Kekulé von Stradonitz (1839–1911), ab 1895 für die Zeitschrift „Pan“ tätig, 1898 Gründungsmitglied der Berliner Sezession, ab 1903 Professor an der Kunstschule Weimar und Vorreiter von Harry Graf Kesslers Bewegung “Neues Weimar”, 1903–14 Sommerhaus in Fiesole bei Florenz, 1907 Griechenlandreise mit Gerhart Hauptmann, 1916–31 Professor an der Akademie Dresden und wohnhaft in Dresden-Pillnitz, korrespondierendes Mitglied der Münchner Sezession, Mitglied des Deutschen Künstlerbundes Weimar, zum Dr. phil. h.c. und Geheimen Hofrat ernannt, in zahlreichen Museen vertreten, 1937 teilweise als “entartet” diffamiert, Quelle: u. a. Thieme-Becker, Vollmer, Dressler und Wikipedia.

Limit:
8500,00 €
Zuschlag:
25000,00 €

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