Gemälde

Katalog-Nr. 4476

Prof. Friedrich von Keller, Straßenmusikant

der aus ärmlichsten Verhältnissen stammende Künstler musste sich seine Ausbildung schwer erarbeiten, nur durch Fleiß und Können gelang ihm schließlich eine Karriere, die ihm neben Reputation auch Wohlstand bescherte, nichtsdestotrotz stellte sich der Künstler, nach zeitweiliger Betätigung auf dem Gebiet religiöser Genremalerei, gegen akademische Traditionen und fand seine Sujets zunehmen in den sozial schwachen Schichten der Kleinbürger und Arbeiter, das vorliegende Motiv zeigt einen älteren Mann auf einer Holzbank vor morbider Hauswand mit Resten eines Aushangs, der Dargestellte – wohl ein Straßenmusikant – hat seine Violine unter den linken Arm geklemmt, sein Regenmantel und sein Zylinder scheinen das stille, bescheidene Vergnügen des Mannes nicht nur vor den Unbilden des Wetters zu schützen, er gönnt sich offenbar eine Spielpause und nimmt keine Notiz vom Betrachter, vielmehr kramt er in seiner Westentasche wohl nach einer Münze, um das bereits weitestgehend geleerte Glas vor ihm auf der Bank beim Wirt zu bezahlen, die atmosphärisch dichte, wie erzählerische Malerei, kommt mit wenig Requisiten aus und verzichtet gänzlich auf künstlichen Pathos, nicht zuletzt die keck an den Zylinder gesteckte Tonpfeife unterstreicht die humorvoll-anekdotenhafte Poesie, die diesem Kabinettstück eigen ist, das Gemälde ist in der Münchner Zeit des Künstlers um 1880 entstanden und gehört zu seinen seltenen Genrebildern, welche den Einfluss seines Freundes Franz von Defregger nicht ganz verleugnen können, bereits in München und Dachau entdeckte Keller das Arbeitermilieu als das ihm gemäße Sujet und fortan schuf er unabhängig von Courbet Darstellungen von Steinbrechern und Hammerschmieden, das Motiv des Straßenmusikanten jedoch scheint ihn zunächst in diesen 1880er Jahren besonders fasziniert zu haben, so wurde 2014 im Auktionshaus Nagel ein nahezu gleich großes Gemälde ”Dorfmusikant” mit unserem Motiv versteigert, jenes Gemälde war mit ”1880” datiert und zeigt unseren Geiger ohne Regencape, in gleicher Haltung auf einer Holzbank, im Unterschied zu unserem Gemälde öffnet sich bei jenem jedoch am rechten Bildrand der Blick in eine verräucherte Gastwirtschaft, fein erfasste, minimal pastose Genremalerei in fein abgestimmter, zurückhaltender Farbigkeit, Öl auf Holz, rechts unten signiert ”Fr. Keller München”, rückseitig auf der Malplatte undeutlicher Stempel ”... London” und nummeriert ”CG 225” bzw. ”GLWAA530” sowie neuzeitliches Etikett ”Galerie Schlichtenmaier, Schloss Dätzingen, Grafenau”, minimal farbschwundrissig, unten mittig kleine Fehlstelle, gering restaurierungsbedürftig, original im aufwendig gravierten und gepunzten Goldstuckrahmen (etwas berieben), hier rückseitig originales Etikett ”Konrad Barth & Comp. Vergolderwaaren-Geschäft München”, Falzmaß ca. 35 x 24 cm. Künstlerinfo: eigentlich Friedrich Keller, ab 1909 Friedrich von Keller, dt. Maler (1840 Ludwigsburg-Neckarweihingen bis 1914 Abtsgmünd), zunächst Fabrikarbeiter, Malergehilfe und schließlich Lehre zum Dekorationsmaler, studierte 1867–71 mit königlichen Stipendium an der Akademie Stuttgart bei Heinrich Franz Gaudenz von Rustige und Bernhard von Neher, 1871 Übersiedlung nach München und freischaffend tätig, parallel Besuch einer Kunstschule und 1871–74 Weiterbildung in Historienmalerei als Meisterschüler von Wilhelm von Lindenschmit dem Jüngeren, unterhielt Freundschaft zu Franz Defregger, Hans Thoma und Franz von Stuck, fand seine Landschaftsmotive in der Umgebung von Dachau und entdeckte die Steinbrüche in Polling bei Weilheim mit ihren Steinbrechern als bildwürdiges Thema, 1878 entstand erstes Steinbrecherbild, fortan schrittweise Loslösung von akademischer Genremalerei, hin zu impressionistischem Realismus, unternahm Studienreisen nach Italien, Frankreich, Ägypten und Palästina, 1883 Berufung als Professor an die Akademie Stuttgart, ab 1901 deren Direktor, 1909 Ehrung mit dem Großkreuz der Württembergischen Krone und Erhebung in den persönlichen Adelsstand sowie 1913 Ehrung mit der großen goldenen Verdienstmedaille für Kunst und Wissenschaft durch den Württembergischen König, seit 1912 Ehrenbürger von Abtsgmünd, 1913 Pensionierung und Übersiedlung nach Abtsgmünd, Mitglied im Deutschen Künstlerbund Weimar, Quelle: Thieme-Becker, Dressler, Bruckmann ”Münchner Maler des 19. Jh.”, Nagel ”Schwäbisches Künstlerlexikon”, Müller-Singer, Boetticher und Internet.

Limit:
800,00 €
Zuschlag:
1400,00 €

Wie funktioniert eine Auktion