Gemälde

Lot-No. 4699

Imre Góth, Neusachliches Damenportrait

ikonographisches Bildnis einer schlanken blonden Dame mit Pagenschnitt (auch Bubikopf bzw. Garçonne-Haarschnitt) und elegantem schulterfreien Kleid des Art déco, stolz trägt die junge Frau ihren seinerzeit gewagten wie angesagten Haarschnitt, ihre schmal gezupften Augenbrauen, den modischen Schmuck und ihre, die weibliche Figur in dezenter Erotik unterstreichende Mode, als Zeichen des neuen weiblichen Selbstbewusstseins zur Schau – ihr direkt zum Betrachter gerichteter Blick verrät Anmut und Zurückhaltung, in den "Goldenen Zwanzigern" zählte Imre Goth zu einem der begehrtesten Portraitisten der Berliner Oberschicht, der aus ärmsten Verhältnissen stammende Künstler verdingte sich bei verschiedensten, meist avantgardistischen Zeitschriften unter anderem des Berliner Ullstein-Verlags, welche als Vorreiter des Art déco und der "Neuen Sachlichkeit" die maßgeblichen Protegés dieser neuen Kunst- und Lebensauffassung waren, die sämtliche Lebensbereiche wie auch die Geschlechterrollen neu definierte, neben Christian Schad, Walther Essenther, Tamara de Lempicka, der Wiener Gesellschaftsfotografin d’Ora (eigentlich Dora Kallmus) und Martin Munkacsi lieferte Imre Goth Titelbilder und Beiträge für diese Illustrierten, vor allem die Darstellung von Film- und Theaterschauspielerinnen machten ihn berühmt, so erschienen 1928 und 1929 unterschiedliche Portraits von Lilian Harvey auf den Titelseiten von "Scherl's Magazin" und der Münchner Zeitschrift "Jugend", vorliegendes Portrait, welches zu den herausragendsten Werken der Berliner Zeit Goths zählen dürfte, hat große Ähnlichkeit mit dem ungarischen Stummfilm-Star Maria Corda (1898 Diemrich bis 1976 Thônex), welche in den 1920er Jahren in Berlin mehrere Filme drehte, das Bildnis gelangte nach dem 2. Weltkrieg in die Sammlung des ungarischen jüdischen Autors, Verlegers, Psychoanalytikers, Kunstsammlers und Mitbegründers der "Art Basel" Carl Laszlo (eigentlich Károly László, 1923 Pécs bis 2013 Basel), der als Holocaustüberlebender, Lebenskünstler und Exzentriker nach Basel emigrierte und hier in seiner Villa am Sonnenweg ein Privatmuseum einrichtete, die Sammlung wurde 2016 durch das Auktionshaus Hampel in München versteigert, wie der Auktionskatalog anhand authentischer Fotos zeigt, hing das Gemälde von Imre Goth an prominenter Stelle in der Villa Laszlos, feinst lasierende, partiell gering pastose neusachliche Malerei in delikater Farbigkeit, Öl auf Leinwand, links unten signiert und datiert "Imre Goth 1928", rückseitig auf dem Keilrahmen undeutliche (Zahlen-)Annotationen und neuere Aufkleber wie "Keret Megrendelve +", gering restauriert, minimale Altersspuren, Malgrund etwas wellig, im prächtigen Vergolderrahmen (Kratzer) gefasst, Falzmaße ca. 102 x 76 cm. Info: vorliegendes Porträt gehörte im Jahr 1928 zur engeren Auswahl von 26 aus 365 Einsendungen der von Fritz Erler angeführten Jury für den Georg-Schicht-Preis um „Das schönste deutsche Frauenportrait 1928“, in diese Auswahl schafften es neben dem Preisträger Willy Jaeckel unter anderem auch Lotte Laserstein, Eugen Spiro oder Paul Matthias Padua, die Werke der engeren Auswahl, darunter Goths Werk, wurden in Form einer Wanderausstellung im Deutschen Reich präsentiert, die nach der Erstpräsentation bei Gurlitt in Berlin am 25. November 1928 in neun deutschen Städten gezeigt wurde, vom 24.1.1929 in Weimar bis zuletzt im November 1929 in Hamburg, vgl. Susanne Meyer-Büser, Das schönste deutsche Frauenportrait. Tendenzen der Bildnismalerei in der Weimarer Republik, Abb. 12., hier bezeichnet mit „Verbleib unbekannt“; vgl. auch der zeitgenössische Katalog der Wanderausstellung: „Georg Schicht Preis für das schönste Frauenportät 1928, wir danken Herrn Ludwig Sedlmaier für freundliche Hinweise. Künstlerinfo: auch Emmerich Goth, ungarischer jüdischer Maler, Zeichner, Illustrator, Karikaturist und Erfinder (1893 Szeged in Ungarn bis 1982 London), studierte an der Akademie Budapest, ab ca. 1918 weitergebildet bei Arthur Kampf in Berlin, wurde hier in den 1920er und Anfang 1930er Jahren zu einem begehrten Portraitisten der High Society, schuf Portraits von Theater- und Filmstars wie Lilian Harvey und Politikern wie Hermann Göring, zunächst tätig in Berlin, lieferte Beiträge für die Münchner "Jugend", die Berliner Zeitschrift "Scherl’s Magazin", die Zeitschrift "Der Querschnitt – Das Magazin der aktuellen Ewigkeitswerte" des zum Ullstein-Verlag gehörenden Propyläen-Verlag und die progressiven Zeitschriften "UHU" und "Die Dame. Illustrierte Mode-Zeitschrift" des Berliner Ullstein-Verlags, vertreten auf diversen Ausstellungen, unter anderem 1925 der Großen Berliner Kunstausstellung im Landes-Ausstellungsgebäude, beschickte 1935 Ausstellungen in Birmingham und emigrierte nach positiven Kritiken und dem Zerwürfnis mit Göring nach England, hier im Winter 1941–42 als "feindlicher Exilant" Internierung auf der Isle of Man, nach dem 2. Weltkrieg vor allem als Werbegraphiker für die britische Filmindustrie tätig und Produzent von Werbefilmen, lebte in Farley Green/Surrey und London, Quelle: Vollmer, Saur "Bio-Bibliographisches Künstlerlexikon", Dressler, "The dictionary of British Artists 1880–1940" und Internet.

Limit:
16000.00 €
Acceptance:
42000.00 €

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